„Rebholz – Wegkreuze“ in Vogtsburg / Kaiserstuhl
Die Wegkreuze bestehen aus alten „Kaiserstühler“ Rebknochen, als Zeichen des Ursprungs, dieser stark vom Weinbau geprägten Region. Sie erinnern teilweise sehr an die menschliche Anatomie. Hauptsächlich wurden vor Ort befindliche Materialien, alte Eichenholzbalken und Naturstein verwendet.
Das Thema „Personal Jesus“, symbolisch für Einfachheit und Gerechtigkeit, soll den Betrachter bezüglich seines eigenen Zugangs zur Religion herausfordern.
Die „Wegkreuze“ sind Skulpturen, die in freier Natur aufgestellt und der Witterung ausgesetzt werden. Sie gehen einen Dialog mit den zersetzenden Kräften ein, gleich „interaktiver Kunst“, mutieren und bezeugen zugleich die zeitliche Komponente der Vergänglichkeit.
Das Projekt wurde gefördert durch ein Stipendium des
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
Ich ward geboren um die Welt zu retten.
Das Heil der Menschen durch mich erfüllt.
Vermochte lösen beschwerlich Ketten.
Einzig durch Liebe im Wort verhüllt.
Stets im Sinn war mir Vergebung.
Kein Treueschwur noch Bruderschaft.
Ein jeder zu allem sanftmütig Regung.
Ein eigen Haus in stiller Kraft.
Zeit enthoben und doch verbunden.
Ein Hauch, ein seufzend Atemzug.
Tröstend all der Lasten Wunden.
Gleich welch Bedauern ein Kuss betrug.
Das Bleiben ja wünsch ich mir sehr.
Kann ach so leicht nicht weiter ruh‘n.
Mit einem Mal kein Freibrief mehr.
Denn sie wissen was sie tun.
Gedicht von
Alexander Klaus
– Ich bin ein Kaiserstühler –
Die aktuelle Rede ist die von der Entwesung unserer Herkunft.
Der Rebstock ist in seiner Ursprünglichkeit unverrückbar mit der agri-kulturellen Nutzung des Kaiserstuhls verbunden. Ebenso das Jesus-Kreuz, als moralischer Hinweis für die ärmlich-keusche und karge Haltung im Überlebensraum der kleinen Dörfer und der unromantisch-harten Arbeit im Weinberg, um aus ihm die Ernte zu entlocken. So wird aus dem Rebstock und Jesus die Vertikalspannung aus Fluch und Segen. Last und Befreiung. Knechtschaft und Kosmos.
Der Kaiserstuhl, in seiner heutigen Gestalt, ist das Ergebnis der sich verbesserten Maschinentechnologien, die den Weinbau, als zentral-landwirtschaftliche Erwerbsquelle, in dieser Form verändert haben, dass er sich nicht mehr schroff und erbarmungslos hart zeigt, sondern den früheren Beschwerlichkeiten entrückt ist.
So wurde aus dem zu bearbeitenden Weinberg ein touristisches Ausflugsziel. Eine önologisch homogene Flora, die nicht mehr Mühsal und Plage zur Weingewinnung spiegelt, sondern einzig Schönheitsempfindungen regt. Es scheint, als sei dies zu Beginn aller Zeit so gewachsen. Jedoch trügt dieser Eindruck. Denn alles ist geworden und wurde daraufhin kultiviert.
So bezeugt das Wegkreuz eine Zeit vor unserer und erinnert, als deutlich sichtbares Zeichen, an Vergessenes und mahnt den Mangel an historischem Sinn und ist zeitgleich ein Mahnmal für den Raubbau an Mensch und Natur, wie die zukünftigen Schäden, deren Resultate wir heute schon erahnen. So ist dieser Jesus in seiner Darstellung ein Hinweis nicht nur auf den schon herrschenden Zerfall aller natürlich erscheinenden Veräußerungen. Sondern ebenso ausgemergelt, verbraucht und abgenutzt, wie dieser, ist der permanente Zerfall der mentalen Überhöhungen aller denkbaren Ideologien und moralischen Wertetafeln, die seit Menschengedenken allgemeingültig in Kulturen kodiert sind und als Moralvorstellungen zugleich schon vor Jahrtausenden globalisiert, nun der auslotenden Korrosion neuer Technologien Stück für Stück zum Opfer fallen.
Können wir, entlang dieses Gottesbildes, so mit der Schöpfung weiter umgehen? Müssen wir nicht im Roden der Wälder, im Verdrängen vieler Biotope und Verbrauchen von übrig gebliebenen Habseligkeiten an natürlicher Ursprünglichkeit, uns die Frage nach dem Wohin stellen?
Dieser Jesus spricht zu uns einzig mit hölzern-baritoner Stimme und verlangt, gleich dem letzten Satz des Gedichts von Rainer Maria Rielke Archaischer Torso Apollos, nach der Betrachtung des Kunstwerks von Auguste Rodin, nur noch eines:
„Du musst Dein Leben ändern.“
Für mehr reicht seine Kraft nicht mehr.
Welche Kräfte werden wir noch aufbringen?
A.J. – Kaiserstühler